Habemus Cerevisiam Eine bedeutende Zusammenkunft ist…
28. März 2025 Ralph Barnstein
Braumeister Phillipp Walther bei der Brauereiführung
Eiszeit im Recknitztal
Wir haben zur diesjährigen Auftaktveranstaltung ein kleines Novum in unserer Landesgruppe zu verzeichnen. Erstmalig findet ein Vereinstreffen in beiden Landesteilen statt. Der Flusslauf der Recknitz bildet die natürliche Grenze zwischen Mecklenburg und Vorpommern. Das Gewässer entspringt einer Grundmoräne und schlängelt sich in einem Urstromtal Richtung Mündung. Recknitz und Recknitztal sind als Landschaftsformationen ein Ergebnis der letzten Eiszeit. Dass vor 20.000 Jahren auch ein Eisbär mit von der Partie war, ist sehr unwahrscheinlich. Denn dieser hätte in mehr als tausend Metern Höhe sein Refugium auf dem mächtigen Eisschild haben müssen. Das Abschmelzen dieser gigantischen Eismassen erfolgte dann übrigens aufgrund stetiger Erwärmung. Damals komplett ohne menschliches Zutun. Eine Tatsache, die bei manchen Zeitgenossen Erstaunen auslösen könnte. Sie ist aber nichts weiter als ein Wink mit dem Zaunpfahl aus dem Geographieunterricht: dass es zwischen Sonne und Erde außer einer vorgeblich monokausalen, von Menschen induzierten Freisetzung eines Spurengases noch viel mehr und komplexere Ursachen für Klimaveränderungen gibt.
Die neue Eiszeit im Recknitztal nimmt ihren Lauf ab 1974 mit der Übernahme des väterlichen „Café Schröder“ durch Eiskonditor und Kaufmann Horst-Dieter Schröder in Damgarten, dem pommerschen Teil der Doppelstadt Ribnitz – Damgarten. Schröder gründet 1982 die „Zentrale Eisproduktion Ribnitz-Damgarten“. Die Vereisung beginnt. Nach Grenzöffnung 1990 entsteht sehr schnell Kontakt mit der Eisbär Eis GmbH in Apensen, der Nachbargemeinde von Damgartens Partnerstadt Buxtehude. Das durch Inhaberfamilie Klehn geführte Unternehmen agiert dort erfolgreich seit 1955. Die entstehende Partnerschaft von Familie Klehn und Horst-Dieter Schröder mündet in der Firmengründung der Eisbär Eis Produktions GmbH Ribnitz-Damgarten, welche ab 1994 dann auch die eigene Eisherstellung aufnimmt. Der Eisbär hat jetzt nun doch sein Habitat im Recknitztal gefunden. Und genau das schauen wir uns im ersten Teil unseres Vereinstreffens am letzten Freitag im März vor Ort im Detail an.
Alles andere als eisig werden wir von Geschäftsführerin Manuela Fürtig empfangen. Von Kindesbeinen an ist sie mit Eis aufgewachsen. Vom Milchholen aus der örtlichen Molkerei für das elterliche „Café Schröder“ bis hin zur Übernahme des Ruders von ihrem Vater 2016 als geschäftsführende Gesellschafterin. Die Entwicklung der Eisbären bis heute ist durchaus beeindruckend, obschon auch wie in allen anderen Branchen die derzeitige wirtschaftliche Lage in Deutschland Entscheidungsfreiräume immer weiter einschränkt. Die Kostentreiber Energie und Rohstoffe sind am Beispiel Schokolade für jeden nachvollziehbar: eine Steigerung der Einkaufspreise von EUR 2,80 / kg auf EUR 10,50 / kg innerhalb von drei Jahren sind bei 70 – 80% Wareneinsatz schwer vorherseh- und kalkulierbar. Der Jahresumsatz liegt derzeit bei 100 Mio. Euro. Am Jahresende stehen unterm Strich 2 – 3% Gewinn. Die Kunden sind inzwischen ausschließlich die großen Handelsketten und Discounter und die Verpackungen tragen allesamt die Markennamen der Kundschaft. Eisbär Eis ist ein Spezialist der Vielfalt: Stieleis, Becher, Dosen, Rollen, Sandwich, Dessert, Hörnchen, Riegel. Wie hätten Sie´s denn gern? Der Trend zum Heimkonsum ist auch bei Eis festzustellen. Stieleis als typisches Außer-Haus-Format verliert 30%, Becher als Heim-Gebinde werden verstärkt nachgefragt. Die erforderlichen Mengen können gut bedient werden: die gleichberechtigten Schwesterunternehmen in Damgarten und Apensen sind von der Jahresproduktionsmenge Nummer Vier in Deutschland. Im Recknitztal sind inzwischen 3 Kühlhäuser mit einer Kapazität von 20.000 Paletten-Stellplätzen für die saisonale Vorproduktion in Betrieb. Sommerzeit ist Eiszeit. Die sechs Anlagen werden dann von bis zu 350 Mitarbeitern dreischichtig betrieben und haben einen Tagesausstoß von 3 Millionen Stück. Das entspricht 30 LKW-Ladungen. Es gibt eine eigene Biogasanlage, welche die 3,5% aussortierte Fehlproduktionen verwertet und dadurch inzwischen den gesamten Gasbedarf des Unternehmens generieren kann.
Nach dem „coolen“ Rundgang durch die Produktion entledigen wir uns der Hygienekleidung und kommen noch in den Genuss verschiedener Eiskreationen direkt vom Band. Auch bei Eis gilt: frisch schmeckt am besten! Bei der Sensorik erwarten uns ungeahnter Schmelz und Cremigkeit, die durch die nachfolgende technologisch erforderliche Tiefkühlung leider teilweise wieder verloren gehen.
Nach der herzlichen Verabschiedung in Damgarten führt uns eine Variante des „Kleinen Grenzverkehrs“ in zehn Autominuten über die Recknitz ins Mecklenburgische. In der zweiten Halbzeit des heutigen Veranstaltungstages sind wir das mittlerweile vierte Mal in der Marlower Brauerei zu Gast. Braumeister und Beiratsmitglied Phillipp Walther führt uns durch die Räumlichkeiten der 2013 in Betrieb genommenen Braustätte. Die zur Unternehmensgruppe der Friedemann-Kunz-Familienstiftung („Scan-Haus Marlow“) gehörige Brauerei wurde für einen Jahresausstoß von 5.000 hl konzipiert. Es wird fast ausschließlich Fassbier in neun ständigen Sorten plus saisonaler Editionen gebraut. Der Ausschank erfolgt überwiegend in eigener, ebenso zur Unternehmensgruppe gehörender Gastronomie.
In einem Séparée des Recknitztal-Hotels als Muttergesellschaft der Brauerei dürfen wir den vereinsinternen Teil des Tages absolvieren. Einen emotional bewegenden Aspekt verursacht dabei das Gedenken an unsere Ende 2024 verstorbenen Landesgruppenmitglieder Karl-Ludwig Schröder und Hubert Getzin. Beide Vollblutbrauer hatten maßgeblichen Anteil am Aufschwung der Lübzer Brauerei bis 1990 und am Kurshalten im neuen Umfeld der Marktwirtschaft.
Nach dem Buffet aus der hauseigenen Hotelküche, anregenden Gesprächen und dem Verarbeiten der frostigen Eindrücke bleibt uns am Ende noch einen gebührenden Dank auszusprechen. Phillipp Walther hat nicht nur im Vorfeld die bereitwillige Rolle als Gastgeber eingenommen, sondern zeichnet auch für die Kontaktanbahnung bei Eisbär Eis und somit für die gesamte Organisation des Veranstaltungstages verantwortlich.
Frank Lucas
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